Wie will ich sterben? Möchte ich reanimiert werden, wenn ich plötzlich tot zusammensacke? Soll alles Menschenmögliche getan werden, um mich am Leben zu erhalten – oder lieber gar nichts?
Diesen und ähnlichen Fragen widmet sich David Fitzpatrick in seiner Arbeit im Caritas SeniorenZentrum Haus am See in Neunkirchen/Nahe. Die Einrichtung hat bereits seit dem Jahr 2006 einen Schwerpunkt in der Versorgung und Begleitung seiner Bewohner nach palliativen Standards und bereits zwei entsprechende Modellprojekte realisiert. Neu ist, dass das Haus nun seit dem 1. Januar als erstes saarlandweit die neue bundesweit geltende Rahmenvereinbarung zur „Gesundheitlichen Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase“ (GVP) umsetzt.
„Das ist eigentlich eine natürliche Vertiefung dessen, was wir im Haus am See sowieso schon tun - durch das neue Angebot der GVP wird das bei uns bereits eingeführte System der Notfallvorausplanung abgelöst“, sagt Fitzpatrick. Er arbeitet seit 2010 im Haus am See und hat zusätzlich zu seinen bereits vorhandenen Qualifikationen als Fachpfleger für Schmerztherapie, Onkologie und Palliativmedizin das Thema ‚Advance Care Planning‘ und die Möglichkeiten der gesundheitlichen Versorgungsplanung zu Kernelementen seines Pflegemanagementstudiums gemacht. Im September 2018 hat er außerdem den ersten Teil der Qualifizierungsmaßnahme als Gesprächsbegleiter für GVP nach §132g SGB V erfolgreich abgeschlossen. Ziel der Rahmenvereinbarung zur GVP ist es, dass die Bewohner ihre Wünsche und individuellen Bedürfnisse äußern können, ihre Vorstellungen über medizinisch-pflegerische Abläufe, das Ausmaß, die Intensität, Möglichkeiten und Grenzen medizinischer Interventionen sowie palliativ-medizinischer und palliativ-pflegerischer Maßnahmen in der letzten Lebensphase entwickeln und mitteilen.
Dazu führt David Fitzpatrick mit allen Bewohnern im Haus am See Beratungsgespräche, die sowohl die grundlegende Einstellung zum Thema Leben und Tod sowie Wertevorstellungen abfragen, aber auch ganz konkret festlegen, wie das Personal in einer akuten Notfallsituation handeln soll. Außerdem bespricht er mit ihnen, wie vorgegangen werden soll, wenn sie kurz- oder langfristig in ihrer Einwilligungsfähigkeit eingeschränkt sind. Auch die Angehörigen und der Hausarzt sind an diesen Gesprächen beteiligt. „Das geht schon oft ans Eingemachte. Und es ist ganz wichtig, dass man als Berater neutral bleibt und seine eigene Meinung komplett außen vor lässt“, erklärt Fitzpatrick.
Die Ergebnisse werden nach vorgegebenen Standards dokumentiert und nach einem einheitlichen Muster hinterlegt, so dass die Mitarbeiter des Hauses im Bedarfsfall wissen, wo sie zu finden sind. „Die Schulung von Mitarbeitern ist ein Kernelement unseres Angebotes“, ergänzt Einrichtungsleiterin Steffi Gebel. „Mindestens einmal pro Jahr behandeln wir das Thema im Rahmen einer innerbetrieblichen Fortbildung.“ Zudem wird gemeinsam erarbeitet wo die Ergebnisse des Beratungsprozesses hinterlegt werden. Im Notfall müssen sie schnellen Zugriff auf die relevanten Informationen haben. Und sie müssen sich innerhalb der Dokumentation auskennen. Hierzu werden die Inhalte von neuen Verfügungen intensiv mit den Wohnbereichsleitungen und mit den Pflegenden in den Wohnbereichen besprochen.
„Das sorgt für eine enorme Sicherheit beim Personal“, sagt David Fitzpatrick, „die Dinge sind einfach geklärt.“ Das gilt natürlich genauso für die Bewohner und ihre Angehörigen – es ist einfach gut, beizeiten darüber gesprochen zu haben. Angehörigenabende zu diesem Thema sind daher ebenso in Planung wie eine regelmäßige Sprechstunde. Selbstverständlich hat der Bewohner immer das letzte Wort – auch wenn sich seine Einstellung in einer akuten Notfall-Situation spontan ändert und von dem abweicht, was festgelegt ist.
Das Wichtigste ist – wie so oft – die Kommunikation. Und da blickt der Fachpfleger für Schmerztherapie, Onkologie und Palliativmedizin sehr froh auf seine Weiterbildung als Gesprächsbegleiter zurück: „Ich habe so vieles gelernt, was mir in der Kommunikation mit den Bewohnern und den Angehörigen weiterhilft – obwohl ich schon so lange auf diesem Bereich tätig bin. Ich habe mal das schöne Zitat gehört: Es ist immer zu früh, über das Sterben zu sprechen – bis es dann zu spät ist.“
„Wir haben als christlicher Träger schon immer großen Wert auf das Thema Palliative Care gelegt und das Thema in unseren SeniorenHäusern systematisch in die Fort- und Weiterbildung integriert. Deshalb steht es uns als cts gut an, dass wir nun als erster Träger im Saarland diese Rahmenvereinbarung gesetzeskonform umsetzen. Entsprechend planen wir die Ausweitung auch auf andere Häuser unseres Verbundes“, sagt cts-Geschäftsführer Rafael Lunkenheimer.
Text: Renate Iffland
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